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Phragmites australis

Aus dem Lebensbereich Wasser für Extremstandorte geeignet:

 

  • Standort: Von zeitweise ausgetrocknetem Wasserrand bis zu 1 m Wassertiefe auch für schwankenden Wasserstand geeignet.
  • Hohe Toleranz und Anpassungsfähigkeit gegenüber Nährstoffgehalt, pH-Wert und Salzgehalt.
  • Auch für Erstbesiedlung von nassen Rohböden geeignet.


Der Name leitet sich aus dem griechischen Wort `Phragma´ für Zaun ab und bezieht sich auf die Verwendung der Halme für Zäune oder zur Berohrung von Wänden.

Phragmites australis (Syn. Phragmites communis) gehört zur Familie der Poacea (Süßgräser).

Diese Art ist ein Kosmopolit der gemäßigten Zonen. Sie gedeiht an sonnigen und halbschattigen Standorten, auch im salzhaltigen Wasser z. B. der Ostsee und des Mittelmeeres. Allerdings ist sie empfindlich gegen starken Wellenschlag.

Die Pflanze wächst locker aufrecht bis bogig überhängend. Sie wird bis 3 m hoch und  verbreitet sich stark durch Rhizome. Weiterhin verbreitet sie sich durch Samen, die auf feuchten Böden zum Keimen kommen können. Bei zusagendem Standort verdrängt sie dort alle anderen bestandsbildenden Arten. Phragmites australis ssp. pseudodonax ist noch starkwüchsiger und kann 7 - 10 m hoch werden. Diese Unterart ist in wärmeren Gebieten verbreitet.

Phragmites australis ist aufgrund seines Habitus nicht gerade eine beliebte Gartenteichpflanze, doch für solche Standorte gibt es im Handel verschiedene Sorten:

  • Phragmites australis `Humilis´, bis 130 cm Höhe, in allen Teilen kleiner, wächst weniger agressiv.
  • Phragmites australis `Variegatus´, bis 150 cm Höhe, Blätter gelbgrün gestreift, wächst schwächer als die Art.

Verwendung der oberirischen Teile:

Schon aus dem Gattungsnamen geht hervor, dass Schilf bereits in frühen Zeiten als Baustoff Verwendung fand. Es wird als Dämmstoff und für Sichtschutzwände genutzt. Als Heizmaterial hat es den doppelten Heizwert wie Braunkohle (6000 kcal / kg).

Der Großteil der Stängel wird zur Dacheindeckung verwendet. Heimisches Dachreet war und ist Baustoff für weite Regionen in Nordeuropa. Mit raupenbetriebenen Spezialmaschinen werden ab spätem Herbst die Stängel geerntet. Die Abbaugebiete finden sich an der Ostseeküste, in Ungarn, Polen, Österreich und der Ukraine. Die Ernte beeinträchtigt die Funktion des Schilfgürtels nicht, denn die Mahd verringert u. a. in erheblichem Maße die Faulschlammbildung, und der neue Aufwuchs trägt zur Klärung von stehenden Gewässern bei. Bis 17 t / ha Biomasse werden geerntet. Es gibt hierzu interessante Forschungsergebnisse aus großflächigen Bereichen des Neusiedler Sees und des Balaton in Ungarn.

Schilfstängel sind besonders feuchtigkeitsresistent und atmungsfähig. Sie wirken schall- und wärmedämmend. Die Wirkung beruht auf der im Schilfrohrstängel eingeschlossenen Luft, der sog. `ruhenden Luft´.

Reinigungswirkung der Pflanze

Die stark wachsenden Rhizome durchziehen den Bodenkörper sowohl waagerecht als auch senkrecht. Sie können in Tiefen von 2 bis 3 Metern vordringen. Diese Rhizome sind bei Phragmites innen hohl und über das Aerenchym und die Markhöhle der Halme wird eine Luftversorgung bis in die Rhizome und Wurzeln gewährleistet. Der auf diesem Wege in den Boden eingetragene Sauerstoff ermöglicht die Aktivität zahlloser Mikroorganismen, die die Hauptakteure des Reinigungsprozesses sind. Dies funktioniert sogar im Winter, da auch in abgestorbenen Halmen bei Wind eine Art Ventilation im Rhizomsystem erfolgen kann. Der Eintrag von Sauerstoff in den Boden liegt bei 5 g pro m² Schilffläche und Tag, was immerhin rund 15 l Luft entspricht. Zusätzlich zur direkten Abgabe von Sauerstoff erfolgt eine weitere Verbesserung der Sauerstoffversorgung infolge der Wühlarbeit der Wurzeln und des Wasserentzugs durch die Pflanzen, wodurch das Porenvolumen des Bodens vergrößert wird.

Nutzung der Reinigungskraft von Phragmites für:

  • Pflanzenkläranlagen
  • Klärschlammvererdungsanlagen
  • Retentionsbodenfilter

Pflanzenkläranlagen

Pflanzenkläranlagen eignen sich als naturnahes Verfahren der biologischen Reinigung vor allem von häuslichem  oder vergleichbarem Abwasser. Mit Hilfe von Mikroorganismen werden sowohl organische als auch anorganisch gelöste Stoffe abgebaut oder durch Bindung an den Bodenkörper aus dem Abwasser eliminiert.  

Insbesondere in ländlichen Gebieten stellen sie eine kostengünstige und effektive Alternative zur zentralen Abwasserreinigung dar. Der Bodenkörper, in den gepflanzt wird, besteht aus einer 60 – 100 cm hohen Sand- und Kiesschicht. Die Mindestgröße eines Pflanzenbeetes wird mit 25 m² angegeben.

Es haben sich zwei Arten von bewachsenen Bodenkörpern durchgesetzt: Der Vertikalfilter und der Horizontalfilter.

Bei der vertikalen Durchströmung durchfließt das Wasser den Bodenfilter vertikal. Die Beschickung erfolgt mittels Pumpen. Hierbei entstehen vorwiegend aerobe (sauerstoffreiche) Abbauverhältnisse. Dadurch werden sehr gute Abbauleistungen erzielt. Pro Einwohner genügen 2,5 m² Pflanzfläche. Pro m²  Bodenkörper werden 4 – 7 Stück Phragmites australis gepflanzt.

Horizontalfilter sind relativ weit verbreitet, da sie technisch nicht sehr aufwändig sind. Der Bodenfilter wird kontinuierlich horizontal durchströmt und ist quasi ständig mit Wasser gefüllt, so dass fast ausschließlich anaerobe (sauerstoffarme) Verhältnisse herrschen. Hierbei werden pro Einwohner 5 m² Pflanzfläche angesetzt.

Klärschlammvererdungsanlagen

Der in Kommunen anfallende Schlamm der Kläranlagen aus häuslichen Abwässern, Industrie und Gewerbe kann mit Hilfe einer Klärschlammvererdungsanlage entwässert und mineralisiert werden. In Deutschland werden  seit ca. 1990 hierfür z. T. sehr große Schilfbeete errichtet. Der Klärschlamm wird in regelmäßigen Abständen in dünnen Schichten direkt auf die Schilfbeete aufgepumt. Die Schlämme werden mit Hilfe der Pflanzen in ein erdähnliches Substrat umgewandelt. Dabei wird das Volumen um 90 – 95 % verringert. Diese Beschickungsphase kann 6 bis 8 Jahre oder länger dauern. Das Schilf wächst mit dem Bodenkörper in die Höhe. Nach einer weiteren Trocknungs- und Vererdungsphase von mehreren Monaten kann das Beet bis auf die untere Schicht geräumt werden. Das Substrat kann verwertet werden, z. B. in der Landwirtschaft oder dem Garten- und Landschaftsbau. Aus der unteren verbleibenden Schicht treibt das Schilf wieder neu aus, und das Beet kann wieder beschickt werden. Somit werden Klärschlammvererdungsanlagen auf jahrzehntelange Nutzungsdauer ausgelegt.

Retentionsbodenfilter

Bedingt durch den hohen Versiegelungsgrad unserer Landschaft ist es zwingend erforderlich geworden Niederschlagswasser gerichtet abzuleiten und vor der Einleitung in Oberflächengewässer vorzureinigen, um die Auswirkungen der Flächenversiegelung auf den natürlichen Wasserhaushalt möglichst gering zu halten. Die Niederschlagsabflüsse stammen dabei vor allem aus der Entwässerung von Siedlungsgebieten und Verkehrsflächen. Sie sind oft mit hohen Nähr- und Schadstoffkonzentrationen belastet. Sicherlich ist die Technik von Pflanzenkläranlagen nicht direkt mit Retentionsbodenfiltern zu vergleichen. Jedoch ist die Funktion der Bepflanzung mit Phragmites australis und die Offenporigkeit des Systems – um damit eine Sauerstoffversorgung der Mikroorganismen zu gewährleisten – in beiden Fällen durchaus gleichzusetzen.